18. April 2024
LANDESFORUM WEITERBILDUNG DES FREISTAATES SACHSEN
Wer, wann und wo
Das Landesforum Weiterbildung 2024 fand am 18. April 2024 im Berufsförderungswerk Leipzig statt. 130 Teilnehmende waren gekommen, um aktuelle Erkenntnisse und Entwicklungen der Weiterbildung in Sachsen und darüber hinaus zu teilen und zu diskutieren. Veranstalter des jährlich stattfindenden Veranstaltungsformats war der Landesbeirat für Erwachsenenbildung in Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft Weiterbildung in Sachsen. Diesjähriger Ausrichter war ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. in enger Kooperation mit dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus und dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
Schwerpunkt
Das Forschungsprojekt „Weiterbildungsverhalten in Deutschland“ von verian im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, erhebt nach dem europäischen Konzept des Adult Education Survey (AES) Informationen zu verschiedenen Lernaktivitäten im Erwachsenenalter. Fokus ist die Beteiligung an Weiterbildung in den letzten zwölf Monaten.
Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat verian (vorher Kantar Public) wie zuletzt 2016 mit einer Länderzusatzstudie „Weiterbildung in Sachsen 2022“ beauftragt. Die Ergebnisse der Länderzusatzstudie wurden einem interessierten Fachpublikum erstmals öffentlich vorgestellt und diskutiert.
Länderzusatzstudie „Weiterbildung in Sachsen 2022“
Studie und Podium
Vorstellung der Studienergebnisse
Dr. Josef Hartmann (Senior Director Arbeit und berufliche Bildung, verian Deutschland) stellte die Studie „Weiterbildung in Sachsen 2022“ vor. Seit 2016 ist Quote der Teilnahme an Weiterbildung in Sachsen von 53% deutlich auf 61% angestiegen. Mit 81% nimmt davon die betriebliche Weiterbildung den größten Teil ein. Zwei Drittel der 18- bis 64-jährigen plant demnächst eine Weiterbildung in der Freizeit. Dabei hat der Wunsch nach Information und Beratung von 20% (2016) auf 43% (2022) zugenommen.
Folien zum Vortrag von Dr. Josef Hartmann
Einordnung der Studienergebnisse
Prof. Dr. Haberzeth (Professur Erwachsenenbildung und Weiterbildung, TU Chemnitz) ordnete die Studienergebnisse für die Teilnehmenden des Landesforums ein. So konnte trotz Zunahme der Weiterbildungsbeteiligung eine Abnahme der Lernzeiten festgestellt werden. Das folgt dem Trend der gesellschaftlichen Beschleunigung sowie der Zunahme von Online-Weiterbildungsformaten mit Selbstlernanteilen. Wichtig ist es, der zeitlichen Verknappung entgegenwirken und Lernzeiten schützen (durch z.B. Bildungsfreistellung). Insgesamt steht Sachsen in der Weiterbildungsbeteiligung bundesweit gut da, besonders die deutliche Zunahme der Beteiligungsquote von Un- und Angelernten fällt ins Auge. Die Nutzung der Angebote der Allgemeinen Weiterbildung ist gestiegen, hier ist ein klarer Wunsch von Seiten der Teilnehmenden aber auch eine deutliche Notwendigkeit angesichts der massiven gesellschaftlichen Herausforderungen erkennbar. Politische Bildung am Arbeitsplatz kann ein Weg sein, um diesem Anspruch künftig noch stärker gerecht zu werden.
Folien zum Vortrag von Prof. Dr. Erik Haberzeth
Fachbeitrag in der "Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis" 3/2024
Podiumsdiskussion
Unter der Moderation von Eva Brackelmann, Geschäftsführerin eaf Sachsen e.V., diskutierten Wilfried Kühner (Amtschef, Sächsisches Staatsministerium für Kultus) und Thomas Kralinski (Staatssekretär und Amtschef, Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr) mit den beiden Wissenschaftlern Dr. Josef Hartmann und Prof. Dr. Erik Haberzeth.
Fachforen
Fachforum 1: Berufliche Weiterbildung
Potenziale von Bildungsfreistellungen
Dr. Antje Pabst von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg präsentierte zentrale Ergebnisse einer von ihr mitverantworteten qualitativen Studie zu den Potenzialen von Bildungsfreistellungen. Neben einigen allgemeinen Befunden zur Teilnahme an beruflicher und betrieblicher Weiterbildung und einem kurzen Abriss über die historische Entwicklung von Bildungsfreistellungsgesetzen in der Bundesrepublik lag der Schwerpunkt ihrer Ausführungen auf der Frage, wie Bildungsfreistellung wirkt. Eine zentrale Erkenntnis war, dass der überwiegende Teil der Inanspruchnahme von Bildungsveranstaltungen im Rahmen von Bildungsfreistellungsgesetzen auf den Bereich der beruflichen Weiterbildung entfällt. Dabei stärkt der gesetzliche Anspruch die Position der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In der anschließenden regen Diskussion wurden vor allem pro und contra von Bildungsfreistellungsgesetzen diskutiert sowie die Frage, wie weit oder eng gefasst entsprechende gesetzliche Regelungen sein müssen oder dürfen.
Folien zum Input von Dr. Antje Pabst
Angebote der Bundesagentur für Arbeit zur Weiterbildung im Erwerbsleben
Diana Malolepszy von der Regionaldirektion Sachen der Bundesagentur für Arbeit ging insbesondere auf die Angebote der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Bereich der Berufsberatung im Erwerbsleben ein. Dies ist die Antwort der BA auf Strukturwandel- und veränderte Rahmenbedingungen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Mit diesem Angebot begleitet die BA Erwerbspersonen über ihre gesamte Bildungs- und Erwerbsbiographie. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung wurden darüber hinaus die Förderinstrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik unter anderem für Beschäftigte weiterentwickelt, um der sich beschleunigenden Transformation der Arbeitswelt wirkungsvoll begegnen zu können. Abschließend stellte Frau Malolepszy das nationale Onlineportal für berufliche Weiterbildung „mein NOW“ vor.
Folien zum Input von Diana Malolepszy
Fachforum 2: Allgemeine Weiterbildung
Die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD®)
„Allgemeine und kulturelle Weiterbildung soll die selbständige und verantwortliche Urteilsfähigkeit fördern“ […], regelt das Gesetz über die Weiterbildung im Freistaat Sachsen (§2(2)). Die Forderung erscheint vor dem Hintergrund, dass die allgemeinbildende Schule die (messbare) moralisch-demokratische Urteils- und Diskursfähigkeit weniger effektiv und weniger nachhaltig fördert als dies heute nötig erscheint, besonders dringlich. Neue Methoden wie Dilemmadiskussionen haben zwar Eingang in den Unterricht gefunden, jedoch werden ihre Möglichkeiten kaum ausgeschöpft.
Unterricht und Prüfungen betonen zu einseitig bewusstes Wissen, das heißt die Beherrschung von Fachwissen und Fachbegriffen, und zu wenig, oder gar nicht, das stille Wissen, das heißt die Gefühle, die unser Alltagsverhalten sehr stark bestimmen. Zu sehr wird auf den bewussten Umgang mit dem Dilemma, aber kaum auf die moralische Qualität der Diskussion und die hier waltenden Emotionen geachtet wird. Um Fähigkeiten generell und moralisch-demokratische Fähigkeiten im Speziellen wirksam fördern zu können, müssen geeignete Aufgabenstellungen und Übungsformen entwickelt werden, die zu aktivem selbständigen und verantwortlichen Tun veranlassen. (Dewey)
Die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD) ist durch langjährige Forschung und Wirksamkeitsstudien hochwirksam bei der Förderung von moralisch-demokratischen Schlüsselfähigkeiten (Umgang mit moralischen Emotionen und Dilemma- und Konfliktsituationen; Beteiligung an einem moralisch-demokratischen Diskurs mit Andersdenkenden; reden und zuhören können in sozialen Stresssituationen usw.). Sie ist eine der wenigen didaktischen Methoden, deren Effektivität und Nachhaltigkeit in vielen Studien wissenschaftlich evaluiert wurden. Ihre Effektivität liegt ein Mehrfaches über der Effektivität selbst guter Schulsysteme. Voraussetzung hierfür ist eine gründliche Ausbildung in der Methode.
Von der Praxis zur Theorie: Im Fachforum erfolgte über eine Dilemma-Klärung ein praktischer Einstieg in das Thema. Hierauf aufbauend wurden theoretische Hintergründe aufgezeigt. Hier standen der Ablauf der KMDD und ihre psychologisch-didaktischen Wirkprinzipien im Vordergrund. Zudem wurde über die Arbeit mit edukativen Dilemmageschichten in der KMDD berichtet und wie sie die „kreative Auseinandersetzung mit kulturellen, sozialen, gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Problemen und Entwicklungen sowie zu deren Bewältigung anregen.“ (Sächsisches Weiterbildungsgesetz, §2(2)).
Dr. Kay Hemmerling ist Diplom-Psychologe mit einem Schwerpunkt in Pädagogischer Psychologie. Er wurde von Prof. Georg Lind in der Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD) ausgebildet und setzt sie in verschiedenen Bildungsbereichen und sozialen Feldern ein, von Schulen bis zu therapeutischen Einrichtungen. Seine Forschungen wurden unter dem Titel „Moral hinter Gittern“ veröffentlicht. Als Linds Nachfolger leitet er das „Institute für Moral-Democratic Competence“ (IMDC e.V.), welches die Rechte an der KMDD und anderen Instrumenten hält und KMDD-Lehrer ausbildet.
Lind, Georg (2019). How to teach moral competence. New: Discussion Theater. Berlin: Logos
Hemmerling, Kay (2014). Morality behind bars - An intervention study on fostering moral competence of prisoners as a new approach to social rehabilitation. Frankfurt: Peter Lang
Fachforum 3: Wissenschaftliche Weiterbildung
Wissenschaftliche Weiterbildung am Beispiel des MIKOMI an der Hochschule Mittweida
Das Fachforum widmete sich dem Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung in Sachsen. Dabei entwickelte sich eine interessante Gesprächsrunde, welche die Spanne von Grundzügen der Wissenschaftlichen Weiterbildung über verschiedene Zielgruppen bis hin zu ganz konkreten Angeboten und Herausforderungen abdeckte.
Undine Schmalfuß, Institutsleitern des MIKOMI an der Hochschule Mittweida stellte in einem Input Modelle der wissenschaftlichen Weiterbildung vor, bot einen Einblick in ihre Arbeit und sprach über praktische Abläufe in Bezug auf wissenschaftliche Weiterbildung. Das MIKOMI | Institut für Mittelstandskooperation Mittweida bietet eine Plattform, um Unternehmen effizienter zu vernetzen, wissenschaftliche Lösungen in die Praxis zu transferieren, Impulse zu setzen und durch Qualifizierungsangebote zu untermauern. Neben einem berufsbegleitenden MBA-Studiengang und individuellen Qualifizierungen für Unternehmen bietet MIKOMI praxisorientierte Zertifikatsweiterbildungen auf einer wissenschaftlich fundierten Basis.
Auch eine Reihe vielfältiger kürzerer Formate wird vom MIKOMI angeboten. Einen Einblick dazu bietet das sogenannte Wissenslunch.
Folien zum Input von Undine Schmalfuß
Redner*innen
Wir bedanken uns bei
Dr. Josef Hartmann
Senior Director Arbeit und berufliche Bildung bei verian Deutschland
Wilfried Kühner
Amtschef im Sächsischen Staatsministerium für Kultus
Thomas Kralinski
Staatssekretär und Amtschef im Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Prof. Dr. Erik Haberzeth
Professur Erwachsenenbildung und Weiterbildung an der TU Chemnitz
Dr. Antje Pabst
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Erwachsenenbildung, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg
Dr. Dipl.-Psych. Kay Hemmerling
Vorstand des Institute for Moral-Democratic Competence e.V.
Undine Schmalfuß
Institutsleiterin MIKOMI | Institut für Mittelstandskooperation Mittweida
Diana Malolepszy
Bereichsleiterin Beratungscenter der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit
Miro Jennerjahn
Geschäftsführer ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V.
Dr. Erik Panzig
Vorsitzender des Landesbeirats für Erwachsenenbildung
Eva Brackelmann
Geschäftsführerin eaf Sachsen e.V.
André Schnabel
Geschäftsführer DGB-Region Dresden-Oberes Elbtal
Wussten Sie schon?
Teilnehmende haben am Landesforum Weiterbildung 2024 teilgenommen.
%
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der Teilnehmenden sind mit ÖPNV/Bahn angereist.
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